Die 5 größten Tagesverluste von DAX-Konzernen

Der Fall Wirecard hat Privatanleger und institutionelle Investoren gleichermaßen auf dem falschen Fuß erwischt und für viel Aufregung gesorgt – doch ein Blick in die Geschichtsbücher offenbart: In der Historie des DAX finden sich weitere Tagesverluste in ähnlicher Größenordnung. Von der Newsredaktion der Börse Stuttgart

Platz 5: Infineon – Vom DAX-Konzern zum Penny-Stock und zurück!
► Platz 4: Volkswagen – Kursrutsch zieht Regeländerung nach sich
 Platz 3: MLP – Gewinnwarnung löst Verluste aus
 Platz 2: Wirecard – Vom Hoffnungsträger zur Insolvenz
 Platz 1: Hypo Real Estate – Im Sog der Finanzkrise

Platz 5: Infineon

Vom DAX-Konzern zum Penny-Stock und zurück!
Als Infineon, die ehemalige Chip-Sparte des Siemens-Konzerns, im März 2000 an die Börse ging, erlebte sie einen Hype: So war die Aktie nicht nur 33-fach überzeichnet, sie kletterte vom Ausgabepreis bei 35 Euro in nur wenigen Monaten auch um rund 140% auf über 83 Euro.

Doch im Sog der geplatzten Dotcom-Blase sowie der heraufdämmernden Finanzkrise wich die Euphorie schnell der Ernüchterung. Als Infineon am 3. Dezember 2008 Geschäftszahlen vorlegte, reagierten die Anleger entsetzt. Ein doppelt so hoch wie erwartet ausgefallener Verlust sowie ein schwacher Ausblick erweckten bei den Infineon-Investoren den Eindruck eines Pleitekandidaten. Sie schickten die Aktie am selben Tag 39,6% gen Süden – damit war Infineon der erste Titel im DAX, dessen Kurs als sogenannter Pennystock unter die Marke von einem Euro fiel. In Folge musste Infineon zudem die erste deutsche Börsenliga verlassen.

Doch eine Änderung der Geschäftsstrategie weg von Speicherchips hin zu Spezialchips brachte Infineon wieder in die Erfolgsspur: Innerhalb von sieben Jahren verdoppelte sich der Umsatz. Nur sechs Monate nach dem DAX-Rauswurf folgte die Rückkehr in den deutschen Leitindex, dem Infineon seither angehört. Heute notiert die Aktie wieder über 20 Euro.

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Infineon-Aktie: Zurück zu früheren Höchstständen?

Platz 4: Volkswagen

Kursrutsch zieht Regeländerung nach sich
Bereits seit 2005 hatte der Sportwagenhersteller Porsche die Übernahme des großen Volkswagen-Konzerns geplant. Als die VW-Aktie im Herbst 2008 im Zuge der Finanzkrise an Wert verlor, sahen die Porsche-Chefs ihre Chance gekommen. Am 26. Oktober 2008 verkündeten sie, sich eine Aktienmehrheit von 74,1% an der Volkswagen AG gesichert zu haben. Damit überraschten sie die vielen Leerverkäufer am Markt, die bei der VW-Stammaktie auf fallende Kurse gesetzt hatten. Diese sahen sich nun gezwungen, Aktien zu beschaffen und ihren Verpflichtungen gegenüber den Ausleihern nachzukommen.

Durch die Beteiligung des Landes Niedersachsen waren allerdings weitere 20% der VW-Stammaktien in festen Händen. Daher traf die enorm hohe Nachfrage der Leerverkäufer auf ein äußerst geringes Angebot von lediglich rund 5% der frei handelbaren VW-Stammaktien. Angetrieben von den Käufen kletterte die VW-Stammaktie am 28. Oktober schließlich über 1.000 Euro – damit war Volkswagen kurzzeitig das teuerste Unternehmen der Welt.

Nur einen Tag später verlor die VW-Stammaktie 45,3% an Wert – mit Folgen für den DAX und Porsche. Während die heftigen Kursausschläge der VW-Stammaktie dazu führten, dass die Gewichtung einer Aktie im DAX auf maximal 10% beschränkt wurde, verschuldete sich Porsche beim Übernahmeversuch in zweistelliger Milliardenhöhe. Da trat Volkswagen auf den Plan und übernahm das Porsche-Sportwagengeschäft.

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VW-Stammaktie: "Einsame Spitze" im Jahr 2008

Platz 3: MLP

Gewinnwarnung löst Verluste aus
Etwas mehr als ein Jahr nach dem Aufstieg in den DAX brodelte bei MLP am Freitag, den 2. August 2002 die Gerüchteküche: Marktteilnehmer munkelten, der Finanzdienstleister werde eine Gewinnwarnung herausgeben. Als dies wenige Stunden später offiziell bestätigt wurde, hatten Panikverkäufe und Hedgefonds die MLP-Aktie bereits auf Talfahrt geschickt. Zu Handelsschluss verlor die Aktie 48,7% auf rund acht Euro – noch im März desselben Jahres stand die MLP-Aktie bei rund 80 Euro.

Zudem wurden bereits im Vorfeld immer mehr Stimmen laut, die Zweifel an den von MLP verkündeten Wachstumsraten von bis zu 30% pro Jahr äußerten. So sollte MLP dem Kapitalmarkt in den Geschäftsjahren 2000 und 2001 ein falsches Wachstum vorgespielt haben. Zwar erhärteten sich diese Vorwürfe nie, MLP verschwand am deutschen Aktienmarkt dennoch in die zweite Reihe und notiert heute als Nebenwert zwischen fünf und sechs Euro.

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MLP-Aktie: Kaum Bewegung in den letzten Jahren

Platz 2: Wirecard

Vom Hoffnungsträger zur Insolvenz
Das Bild des digitalen Zahlungsabwicklers Wirecard als neue deutsche Tech-Hoffnung bekam bereits Anfang 2019 erste Risse. Insbesondere die Financial Times warf Wirecard fortwährend Unstimmigkeiten in der Bilanz vor, die Aktie geriet nach Jahren der Kursgewinne erstmals unter Druck.

Rund ein Jahr später folgte dann der große Knall: Die bereits mehrfach verschobene Vorlage der Geschäftszahlen für 2019 platzte endgültig – offenbar fehlten in der Bilanz 1,9 Milliarden Euro. Als Branchenkenner noch rätselten, ob die Milliarden tatsächlich nur auf dem Papier existierten, um einen höheren Umsatz und Gewinn vorzutäuschen, überschlugen sich die Ereignisse. Während Ex-CEO Markus Braun nur einen Tag später zurücktrat und kurz darauf festgenommen wurde, wird der flüchtige, ehemalige Vorstand Jan Marsalek inzwischen per Öffentlichkeitsfahndung gesucht.

Den größten Tagesverlust erlebte Wirecard am 25. Juni 2020, als das Unternehmen Insolvenz anmeldete: Die Aktie brach um 71,3% ein. Seither zog der Fall immer weitere Kreise und erreichte schließlich auch Aufsicht und Politik, denen Versäumnisse vorgeworfen werden.

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Wirecard-Aktie: Von über 100 auf fast 0

Platz 1: Hypo Real Estate

Im Sog der Finanzkrise
Am 15. Januar 2008 dürfte der Name „Hypo Real Estate“ in Deutschland zum ersten Mal größere Aufmerksamkeit geweckt haben: Innerhalb weniger Stunden verlor die Aktie der Bank rund 37% an Wert. Zuvor hatte die Führungsriege stets behauptet, die Bank werde gestärkt aus der Finanzkrise hervorgehen. Nun jedoch gab sie in einer Pflichtmitteilung bekannt, dass wegen der Krise am US-Immobilienmarkt 390 Millionen Euro abgeschrieben werden müssen.

Nur wenige Monate später kam es noch schlimmer: Als in den USA die Investmentbank Lehman Brothers zusammenbrach, trauten die Banken einander nicht mehr und liehen sich kein Geld mehr. Daraufhin kam es auch bei der Hypo Real Estate – trotz einer Bilanzsumme von rund 400 Milliarden Euro – zu Liquiditätsengpässen. Aufgrund risikoreicher Geschäfte geriet die Bank in Schieflage und drohte, andere Banken mitzureißen.

Als die Bundesregierung zur Hilfe eilte und für die Hypo Real Estate ein Rettungspaket in Milliardenhöhe schnürte, befand sich der Aktienkurs bereits im freien Fall. Am 29. September 2008 rauschte er 73,9% auf 3,52 Euro in die Tiefe. Bei der Übernahme der letzten ausstehenden Anteile erhielten die Aktionäre im Oktober 2009 sogar lediglich 1,30 Euro. Während der deutsche Staat die milliardenschweren Risiken der Bank übernahm, wurde das operative Geschäft durch die Deutsche Pfandbriefbank weitergeführt – deren Aktie inzwischen wieder an der Börse gelistet ist und im Juni aus dem MDAX absteigen musste.

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Deutsche Pfandbriefbank: So notiert der Nachfolger

Hidden Champions: Die erfolgreichsten Aktien aus MDAX & SDAX

Gewinne von mehr als 270% in einem Jahr: Im MDAX und im SDAX verstecken sich einige Aktien, deren Performance sich auf Jahressicht durchaus sehen lassen kann. Andreas Lipkow von der comdirect kürt die erfolgreichsten Aktien und verrät, was diese beflügelt.

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