ANALYSE/Raffinerien hoffen auf eine reisestarke Sommersaison

(Dow Jones Newswires)

Von Justin Lahart

NEW YORK (Dow Jones)--Das Geschäft der Umwandlung von Rohöl in Kraftstoff ist für die US-Raffinerien immer noch sehr lukrativ. Aber die jüngsten Rückgänge bei den Preisen an den Zapfsäulen und der Rentabilität der Raffinerien in anderen Segmenten trüben die Aussichten. Der Preisverfall ist vor allem bei Destillaten zu beobachten, die für Diesel und Flugzeugtreibstoff verwendet werden.

Diesel mit extrem niedrigem Schwefelgehalt kostet im New Yorker Hafen etwa 2,21 US-Dollar pro Gallone, ein Rückgang von 33 Prozent im bisherigen Jahresverlauf. Der Preis für Destillate-Cracks an der Golfküste - die Spanne zwischen dem Rohölpreis und dem Preis für Destillate - ist auf 18,41 Dollar pro Barrel gesunken, ein satter Rückgang von 70 Prozent im bisherigen Jahresverlauf.

Einbruch der Margen in Asien

Ein beunruhigendes Zeichen ist, dass die Raffineriegewinnspannen auch in Asien in letzter Zeit stark eingebrochen sind. Nach Abzug von Frachtkosten, Rohölmischung und Verarbeitungskosten machen Raffinerien in Singapur einen Verlust von annähernd 10 Dollar pro Barrel. Das ist mehr als doppelt so viel wie im vergleichbaren Zeitraum zwischen 2015 und 2019, so die von Goldman Sachs zusammengestellten Daten.

Ist dies ein Indikator für das, was auf die US-Raffinerien zukommt? Die Branchenriesen Valero Energy und Marathon Petroleum sehen das nicht so. Auf Marathons Präsentation der Ergebnisse erklärte Rick Hessling, Senior Vice President of Global Feedstocks, in dieser Woche, dass die Firma sogar profitieren könne. So nutze der Konzern die schwächer werdenden Margen in Asien und Europa als ein positives Zeichen für die US-Crackspreads. Das gilt für den Fall, wenn globale Raffinerien mit höheren Kosten beginnen, ihre Raffinerie-Auslastungen herunterzufahren.

Sinkende Erdgaspreise spielen Raffinerien in die Karten

Valero-COO Gary Simmons sieht die schwächeren Margen im Ausland als Indikator dafür, dass die Margen in den USA einen Boden gefunden haben. Dies wäre für die US-Raffinerien positiv, da ihre Gewinnspannen immer noch hoch sind. Valero erzielte im vergangenen Quartal einen Bruttogewinn von 22,37 Dollar pro Barrel, 168 Prozent mehr als im ersten Quartal 2019, dem vorerst letzten vergleichbaren Zeitraum vor der Pandemie.

Für Rückenwind sorgte in jüngster Zeit ein weiterer Rückgang der Erdgaspreise, der dazu beiträgt, die Kosten für den energieintensiven Betrieb der Raffinerien zu senken. Ob sich diese Sichtweise eines halbvollen Glases bewahrheitet, wird davon abhängen, wie robust die Kraftstoffnachfrage in diesem Sommer ausfällt. Die Raffinerien selbst sind optimistisch.

Zuversicht bei Exxonmobil

In der Bilanzpressekonferenz von Exxonmobil in der Vorwoche sagte CEO Darren Woods, dass die Benzinnachfrage "ziemlich vernünftig" aussehe und die Nachfrage nach Kerosin im Sommer voraussichtlich recht gut ausfalle. "Meiner Ansicht nach werden wir den typischen Anstieg im Sommer erleben mit kletternden Gewinnspannen." Simmons von Valero merkt an, dass das Unternehmen heute keine Anzeichen für eine Nachfrageschwäche verspürt.

Einige Branchenindikatoren sehen jedoch langsam wackelig aus. Vor allem die Nachfrage im US-Lkw-Verkehr ist in letzter Zeit stark zurückgegangen, ebenso wie die für Lkw und Züge bestimmten Importe von Containern. RBC Capital Markets, das zuvor geschätzt hatte, dass die Zahl der täglichen Flüge in China Ende April bis Anfang Mai 2023 das Niveau von vor Covid erreichen würde, geht nun davon aus, dass dies nicht vor August der Fall sein wird. Die Bank erklärt auch, dass ihre Frühindikatoren für künftige Reisen und Mobilität in den USA "stark nach unten tendieren", wobei das Interesse an Mietwagen und Flugreisen Anfang April im Vergleich zum Vorjahr um 17,1 bzw 12,2 Prozent nachgab.

Mehr Kapazitäten

Unterdessen entwickelt sich das weltweite Angebot aus Sicht der Raffinerien in die falsche Richtung. RBC Capital Markets geht davon aus, dass in diesem Jahr neue Raffineriekapazitäten in Höhe von 1,5 Millionen Barrel pro Tag in Betrieb genommen werden und dass bis 2024 weitere 2,4 Millionen hinzukommen. Das wäre der stärkste Zweijahreszeitraum mit neuen Raffineriekapazitäten in den letzten 45 Jahren.

Vieles hängt für die Branche von der Sommersaison ab, in der traditionell viel Auto gefahren und gereist wird.

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DJG/DJN/axw/smh

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May 04, 2023 09:33 ET (13:33 GMT)